Dr.-Ing. Felix Kann, geboren am 24.11.1883 in Wien. Jüdische Herkunft.
Im Jahr 1925 erhielt Felix Kann die deutsche Staatsbürgerschaft. (Quelle dieser Aussage: https://www.landesmuseum-mv.de/stolpersteine-in-wismar-2022/familie-kann/)
Studium Technische Hochschule in Wien von 1901 bis 1907; Abschluss Diplomingenieur.
In Wismar ab November 1922 Dozent und städtischer Baurat an der Ingenieur-Akademie bis September 1933 / Emigration 1934 in die Türkei.
Heirat 1920 Antonia Beck, geb. am 22.5.1891 in Darmstadt.
Beide waren evangelisch-lutherischer Konfession. Felix Kann war zwar jüdischer Abstammung, die jüdische Religion wurde jedoch in seiner Familie nicht gelebt.
Anfang 1923 ziehen Ehefrau Antonia und der damals (zweijährige) Sohn Julius ebenfalls nach Wismar.
Kann war gleichzeitig Privatdozent an der Technischen Hochschule Braunschweig; ihm wurde 1931 an der TH der Titel außerordentlicher Prof. zuerkannt // international renomierter Brückenbauer, Stahlbeton
Nach dem Besuch der Staatsrealschule in Wien studierte er an der Technischen Hochschule in Wien von 1901 bis 1907; Abschluss Diplom- Ingenieur.
Felix Kann war bis 1919 in diversen Unternehmen tätig, vornehmlich im Bereich der Brückenkonstruktionen. Von 1919-1921 arbeitete er als Assistent und Ingenieur an der Technischen Hochschule Braunschweig und promovierte dort im Jahr 1920. Von 1921 bis 1922 arbeitete er als Ingenieur in Bremen, bevor er Im November 1922 seine Dozentur an der Akademie in Wismar beginnt.
Quelle: https://www.landesmuseum-mv.de/stolpersteine-in-wismar-2022/familie-kann/
Im Adressbuch von 1925 ist für Doz. Dr.-Ing. Felix Kann die Wohnadresse Klußer Damm 18 angeben.
Quelle: https://zeitreise-wismar.de/sammlung-alt/wismarsche-adressbuecher/
Die Rabenstr. 31 ist als letzter Wohnsitz bekannt.
+++Aktuell 24. Mai 2022 in Wismar+++
Auch diesen drei jüdischen Akademie-Dozenten wird auf diese Weise Erinnerung zuteil:
Im Rahmen des Projekts Stolpersteine forschten 2021 und 2022 SchülerInnen des Gerhart-Hauptmann-Gymnasiums Wismars zu vertriebenen jüdischen Dozenten der Ingenieur-Akademie und stellen nun in einem virtuellen Museum der Stiftung Mecklenburg die Ergebnisse vor.
Dozent in Wismar und auch Privatdozent an der Technischen Hochschule Braunschweig; s. Antragsschreiben der TH Braunschweig auf Titel a.o. Prof. von 1931
Deckenbau (Stahlbeton/ Plattenbalken-/Pilzdecken/ Buch von 1926
Buch vollständig (!) online: https://repozytorium.biblos.pk.edu.pl/redo/resources/41060/file/scans/DEFAULT/OCR_rezultaty/100000295819_A_v1_200dpi_q60.pdf
Erddruck, Gründungen, Stützmauern, Spundwände/ Buch 1929
In seinem ersten Jahr seiner Anstellung in Wismar fand Dr.-Ing. Kann im Zusammenhang des Studentenstreiks 1924 als Zeuge in den Prozessunterlagen gegen den ET-Baurat Dipl.-Ing. Friedrich Dunckler Erwähnung. (siehe Seite 7 dieser Urteilsbegründung Dunckler von 1925 )
Im Rahmen eines Besuchs des Schweriner Staatskommissars Flörke im April 1926 an der Ingenieur-Akademie (zur erneuten Abnahme von Zeichnungen, die zur Hauptprüfung zurückgewiesen worden waren) führte dieser auch Befragungen unter den anwesenden Dozenten durch. Es ging um Stundenplanerstellung, Übungsstundenanteil, Exkursionen, zurückgehenden Neustudierendenanteil und die erhöhten Aufnahmebedingungen, die vom Ministerium angehoben worden waren. Halboffizieller und privater Gedankenaustausch, insbesondere zwischen Flörke und Heinrich schürten den Verdacht der Nestbeschmutzung. Als von Schwerin aus in Auswertung des Besuchs Reaktionen erfolgten, meinte man sich in diesem Verdacht bestätigt. Insbesondere die beiden Bau-Abteilungen fühlten sich angegriffen. In einer Dozentenbesprechung zu dieser Thematik, wo Heinrich anregte, „...daß dafür gesorgt werden müsse, daß die Bauabteilungen auf die Beine kommen“ fuhr Dr. Kann äußerst erregt mit den Worten dazwischen: „Das ist ja hanebüchen, es ist bedauerlich, daß man überhaupt mit derartigen Herren zusammenarbeiten muß!“
(mehr dazu in den Stellungnahmen vom Dozenten Oberingenieur M. Schneider??? und von Dr.-Ing. Kurt Heinrich)
gemäß Schreiben Rektor der Technischen Hochschule Braunschweig an den braunschweigischen Minister für Volksbildung vom 5. November 1931
"Bitte […], für die Dauer seines Lehramts an der Technischen Hochschule die Amtsbezeichnung „ausserordentlicher Professor“ beizulegen. Der Senat hat sich mit dem Vorschlag einverstanden erklärt."
Quelle: http://www.falk-bersch.de/
Nach Verlust der Dozentenstelle in Braunschweig aufgrund seiner „nichtarischen“ Abstammung im Sommer 1933, meldete sich im September auch hier in Wismar der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund und fordert: „Es liegt im Interesse der Studentenschaft, dass [Prof. Kann] umgehend von der Ingenieur-Akademie verschwindet, damit Erziehung und Bildung im nationalsozialistischen Sinne gewährleistet wird. Heil Hitler!“ Ende September erhält Kann seine Kündigung.
Quelle: https://www.landesmuseum-mv.de/stolpersteine-in-wismar-2022/familie-kann/
Dr.-Ing. Felix Kann, einem der besten Dozenten der Ingenieur-Akademie, wurde im September 1933 auf Grundlage des von den Nazis erlassenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 unter Bruch des Anstellungsvertrages gekündigt, weil er den geforderten arischen Abstammungsnachweis nicht zu erbringen vermochte, weshalb angeblich "Studenten seine Entlassung gewünscht" hätten.
Unter der zunächst Zurücklassung der Familie emigrierte Dr.-Ing. Kann 1934 in die Türkei (Ankara). Seine Frau und sein Sohn folgten 1935. In Ankara arbeitete er von 1934 bis 1936 im Ministerium für Bauwesen. Am 19.5.1939 verstarb er an den Folgen einer Magenoperation in Ankara. Antonia Kann verstarb am 29.6.1953 ebenfalls in Ankara. Ihr Sohn Julius Ludwig Kann ging im Januar 1965 nach Graz, wo er am 23.5.2010 verstarb. Seine Nachkommen leben heute in Österreich.
Quellen:
In einer türkischen Traueranzeige im Mai 1939 bescheinigt ihm das Ministerium / Eisenbahnabteilung, dass "...Prof. Dr. Feliks Kann international bekannte Arbeiten an Betonbrücken in verschiedene Sprachen übersetzt" und er "... großartige Dienste beim Bau der größten Brücken in der Türkei geleistet " hat.
Zitierte Aussage: Falk Bersch; http://www.falk-bersch.de/
Bildquelle: Familienarchiv Kann; Traueranzeige Mai/1939 aus unbekanntem türkischen Periodikum
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