Die in den zwanziger Jahren benutzte Kurzwellen-Technik in Wismar ist bislang fotografisch nur durch dieses eine Foto dokumentiert. Trotzdem gelang es nach Jahren über kleinste Puzzleteile dieses Bild detailreich zu vervollkommnen. Umfänglich auch mehr dazu auf der Seite "Experimentalfunkstation".
Aus seinem Privatbestand stellte Heinrich der Ingenieur-Akademie, namentlich seinem An-Institut dem Elektrotechnischen Institut an der Abteilung Elektrotechnik, am 16. Mai 1923 auch drei Detektorempfänger zur Verfügung:
je einen der Firmen Huth, Telefunken und Seibt.
Betriebsart - nur in Morsetelegrafie. Aber wie fanden zwei "Gesprächspartner" zusammen? Verabreden auf einer bestimmten Frequenz? Fehlanzeige, das war viel zu ungenau. Aber es gab aber auch viele weitere Probleme zu lösen...
Das Foto zur Funkstation zeigt auf dem linken Tisch die Empfangstechnik. Ganz links ein Trichterlautsprecher, rechts daneben zwei Empfangsgeräte.
Inwieweit zu diesem Zeitpunkt Eigenbauten zum Einsatz kamen, ist nicht bekannt. Der obere Empfänger ähnelt einem der ersten Radiogeräte von Siemens & Halske; wegen der aneinander verbundenen Bausteine auch Siemens „D-Zug“ genannt. Ein Geradeausempfänger, hier als 1-V-2 dargestellt. (siehe folgende Fotos)
Für September 1933 wird durch Dipl.-Ing. Stein (auf der QSL von D4ABK) allerdings ein von ihnen genutzter 0-V-2 benannt.
Zum unteren Empfänger im großen Gehäuse liegen noch keine Erkenntnisse vor.
Zwei QSL-Karten (Funk-Bestätigungskarte) der Wismarer Akademie-Funkstation liegen vor. Die älteste von 1928 und die zweite von 1933.
Neben der gezeichneten Senderschaltung ist die QSL-Karte von 1928 mit einem Foto des Experimentalaufbaus der Sendebaugruppen versehen. Danach ließen u.a. verwendeten die Senderöhren abgeleitet werden. (vgl. auch hier)
Widmen wir uns mal den Senderöhren, um eventuell Rückschlüsse auf die im Wismarer Labor 1928 verwendeten zu ziehen. Die Gestalt und Größe der Glaskolben deuten auf die RS 19 oder …
... RS 31 hin. Unter Auswertung der technischen QSL-Angaben dürfte es eine RS19 sein.
Die RS 19 ist eine luftgekühlte Sende-röhre für 175 Watt in den Abmaßen 60 x 300 mm aus „Thüringer Glas“ und zwischen 1917 und 1921 entwickelt. (Heizung 14V bei 4,8A).
Zum Vergleich:
Das „Technisch-Physikalische Institut“ am Helmholzweg 6 in Jena (eK4AAL) verwendete im September 1927 die 6cm kleinere RS 17; diese dafür 2mal.
Übrigens auf der QSL mit dem Verweis auf die besonderen „…times of working:“ [1]
http://www.tubecollection.de/ura/rs.htm
Der Einsatz von „richtigen“ Senderöhren (die RS-Serie) war Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre, sicher aus Kosten- und/oder Zugriffsgründen, nur in „größeren“ Einrichtungen vorzufinden. Bei Privatpersonen und reinen (Amateur-)Funkvereinen kam lediglich die RE-Serie (eigentlich als Empfängerröhren entwickelt) zum Einsatz.
In eigener Auswertung dutzender historischer deutscher QSL-Karten aus dieser Zeit, waren aus dieser Serie häufiger vertreten die RE 97, RE 134, RE 209 und relativ oft auch die RE 504. Damit war quasi „nur“ QRP-Betrieb möglich; mit einer einzelnen Röhre lag man generell bei < 10 Watt. In einigen wenigen QSL wurden Endstufen mit 2 x RE 504 ausgewiesen und so 15… 20 Watt beschrieben.
Im Vergleich dazu präsentierte die Wismarer Versuchsstation zur gleichen Zeit bereits lt. der historischen QSL von eK4ABK eine moderate Sendeleistung von 100 Watt (Input), die dann spätestens 1933 als D4ABK verdreifacht angeboten werden konnte.
[1] QSL eK4AAL vom 26.09.1927 /QSL-Collection Gérard Debelle/F2VX Responsable du Service Historique du REF
Für Kurzwelle liegt die Schaltung von 1928 auf der historischen QSL-Karte vor.
In einem Artikel von Dr.-Ing. Kurt Heinrich in der Elektrotechnischen Zeitschrift (ETZ) wird diese für 44m noch einmal etwas anders dargestellt.
Auch für Untersuchungen "Über die Beeinflussung des menschlichen Organismus beim Arbeiten am Kurzwellensender" veröffentlichte Dr.-Ing. Heinrich 1929 in der ETZ auch eine Schaltung für den UKW-Bereich von 2-4m.
Diese Information kam im Januar 2021 per email aus Californien, von der University of California, Berkeley! Prof. Fritz Sommer (K6EE) forscht ebenfalls viele Jahre schon zu den frühen EK- und D-Rufzeichen (EK-Callbook Project). In diesem Projekt findet sich darin auch Wismars EK4ABK. Zwei enthaltende Quellenhinweise zu "unserem" Heinrich ließen mich aufhorchen. Prof. Sommer war so nett, mir diese umgehend zukommen zu lassen. Eine davon ist obige Kurzmeldung zur Wismarer Station (ab 1929 D4ABK) aus dem CQ-Mitteilungsblatt des DASD von 1930... (Mehr erklärend und umfassend dazu HIER.)
Dr.-Ing. Heinrich hatte 1930 von seinem Industriepartner Telefunken eine besondere Senderöhre, eine RS 207, gesponsert zu bekommen. Eine luftgekühlte Senderöhre für 1500 Watt! Einmalig!
Auch wenn diese Röhre wohl nicht mehr zum Einsatz kam (mehr dazu), war im September 1933 die Wismarer Kurzwellenstation auf dem 40m-Band nachweislich immerhin mit 300 Watt Input unterwegs. Zu dieser Zeit schon etwas besonderes.
In einem vom Schreiben vom 22. März 1933 informierte die Akademieleitung dem Dozenten Anton Willert, dass der Assistent Karl Wilke zur forcierten Vollendung des Aufbaus des Kurzwellensenders aufgefordert wurde. (Seite 4)
In einem Brief des Dipl.- Ing. Joachim Stein (Wilkes unmittelbarer Vorgesetzter und Dr. Heinrichs Nachfolger) an den Wismarer Stadtdirektors Fust im September 1933 wird beim Aufbau des Empfängers fehlendes Engagement und nicht eingehaltene Absprachen seitens Ing. Wilke beklagt.
1933 war im Stationsbetrieb als D4ABK noch im September ein einfacher Geradeausempfänger in der Konstellation eines 0-V-2 benutzt worden.
Deutschland's Hauptakteure: - AEG, Telefunken, Siemens und Lorenz
"Die Bedeutung der deutschen Elektrotechnik in den 1930er Jahren"