Anton Willert, ein österreichischer Staatsbürger, wurde am 1. September 1894 in Teplitz-Schönau (im heutigen Tschechien/Böhmen) geboren. Als „…österreichischer Staatsuntertan“ und "...Kapitän weiter Fahrt" (ehemaliger Fregattenkapitän der k&k Kriegsmarine der Österreichisch-Ungarischen Monarchie), seit dem Ende des I. WK in Berlin lebend, bewarb sich der Dipl.-Ing. Anton Willert im Frühjahr 1928 auf eine Stellenanzeige der Wismarer Akademie in der VDI-Zeitschrift (Verein Deutscher Ingenieure) als Dozent für Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer. Sein Vater, Anton Willert senior, war Ingenieur Chemiker (vom Junior hier so benannte Berufsbezeichnung) und Direktor der örtlichen Staatsfachschule Keramik und verwandte Kunstgewerbe.
k&k Marine-Akademie Fiume 1913/ Willert, Nr. 18 Fregattenleutnant Anton Willert / Nr. 2
Sehr geehrte Herren!
Bezugnehmend auf das Stellenangebot in der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure erlaube ich mir, mich um die ausgeschriebene Stelle eines Dozenten für Mathematik und die naturwissenschaftlichen Fächer an Ihrer Anstalt zu bewerben. Ich bin Diplom-Ingenieur der Fachrichtung „Hüttenmaschinen- und Walzwerkskunde“, 33 Jahre alt, ledig und österreichischer Staatsuntertan...
Diplomabschluss in der Fachrichtung "Hüttenmaschinen- und Walzwerkskunde" am 5. Oktober 1926 mit "Sehr gut"
KDAI ‑ Kampfbund Deutscher Architekten und Ingenieure, von der NSDAP 1931 gegründet
VDI - Verein Deutscher Ingenieure
DLV ‑ Deutscher Luftsportverband (DLV e.V.) von der NSDAP im März 1933 gegründet (bis 1937)
siehe dazu mehr auf der Seite "Studentenverbindungen"
Willerts Vater (auch er hieß Anton!) war Direktor der Staatsfachschule für Keramik und verwandte Gewerbe in Teplitz-Schönau [1]. Durch Zufall fand ich eine Ansichtskarte von ihm in einer abgelaufenen Auktion [2].
Vorderseitig der Heilig-Geist-Hof mit Ingenieur-Akademie in bester Druck-Qualität. Doch die Sensation auf der Rückseite: mit einer Friedrich-Ebert-Briefmarke frankiert die Unterschrift eines Anton Willerts! Und tatsächlich. Der Senior Anton Willert schilderte am 30. Juli 1931 einer Hochgeborenen Frau Frieda Kiszelény-Swoboda in der Floragasse 7 in Wien seine jährliche Sommerurlaubs-Rundreise, die ihn zunächst gemeinsam mit seiner Frau durch den Süden Deutschlands führte. Im Weiteren bereiste er allein die Städte Berlin, Stettin, die Insel Rügen, Stralsund, Rostock und abschließend nun Wismar, um dann mit seinem Jüngsten, der beim Ältesten studiert hatte, nach Teplice zurückzufahren.
[1] Die Staatsschule für Keramik und verwandte Gewerbe in Teplitz-Schönau existierte bis 1945.
[2] https://oldthing.de/AK-Wismar-Heilig-Geist-Hof-mit-Ing-Akademie-0020709276
Gehaltszettel Willerts von 1933
(1 Reichsmark (1933) entspricht heute etwa 4,00 Euro - gemäß Umrechnungshinweise zu Kaufkraft des Statistischen Bundesamts // Wikipedia)
VDI-Ortsgruppe Wismar-Schwerin / Geschäftsführer DI Anton Willert (1937)
+ Leitung des Verbands für autogene Metallbearbeitung e.V. (Kursstätte Wismar)
1937 wird Willert als Leiter des Verbands für autogene Metallbearbeitung e.V. (Kursstätte Wismar) geführt. Vermutlich hängt das mit seinen Kenntnissen im Rahmen seiner Diplomfachrichtung der Hüttenmaschinen- und Walzwerkskunde zusammen.
Die jungen Dozenten zeigten sich von den ersten Großereignissen und Aufmärschen der Nationalsozialisten tief beeindruckt. So auch Willert, wie ein Schreiben vom 22. März 1933 der Akademieleitung an Willert, zu der Zeit in Breslau, belegt.
Als Beamter war Willert in der Seestadt Wismar zum Führer des Hafenluftschutzes berufen worden. Seine Verdienste dabei wurden am 20. Januar 1942 mit dem Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ohne Schwerter honoriert, womit in der Folgezeit aber auch andere Dozenten (Dozent Hilse am 30. Januar 1944) geehrt wurden. 1944 war das Schreiben allerdings schon kürzer ausgefallen...
Im Dezember 1944 hatte der ehemalige Fregattenkapitän noch einer Einberufung zu einem Ausbildungskurs für Zug- und Gruppenführer des Volkssturms in die Wangenheimkaserne Wismar Folge zu leisten.
Willerts weitgehende Unauffälligkeit war wohl das Rezept, das ihm ein Verbleiben in der Nachfolge-Akademieeinrichtung nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte. Unter den 17 Dozenten für einen Neuanfang einer nun staatlichen Bau- und Ingenieurschule Wismar tauchten aus dem alten Kaderbestand nur zwei Namen auf – Anton Willert und ein Wilhelm Hornbostel. Sie wurden erneut mit der Ausbildung von Elektrotechnikern betraut.[1] Grundbedingung einer Übernahme war (zumindest anfangs/der Autor) die Nichtmitgliedschaft in der NSDAP. Wie und ob dabei allerdings das Kriegsverdienstkreuz von 1942 bei Willert Bewertung fand, ist nicht bekannt.
[1] M. Schubert, KDT; 80 Jahre - Aus der Geschichte der Ingenieurausbildung in Wismar, Nachrichtentechnik Elektronik/Sonderheft der KDT, Heft 4/1988 S. 123-127 .
Eine wohl frühe Adresse ist aus der Stammrolle des Wismarer Vereins der Schlaraffi bekannt (Schlaraffia Vismaris). Am Burgwall 11 (Quelle: Chronistin Frauke Lewin)
In späteren Jahren mindestens bis 1937 (Scheidung von seiner Frau Olga) war es die Lübschestr. 58
Zum privaten Umfeld Willerts ist lediglich eine Scheidung vor dem Landgericht Berlin 1937 bekannt, wo er von seiner Frau Olga Willert, geb. Seeliger am 12. Oktober 1937 wegen beiderseitigem Verschulden geschieden wurde und die zumindest für Anton Willert bis dahin benannte Wismarer Wohnanschrift Lübschestr. 58. Im Alter von 63 Jahren, am 23. Mai 1958, starb Anton Willert und fand als einer der wenigen Dozenten aus der Zeit bis 1945 auf dem Wismarer Friedhof seine letzte Ruhe.
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