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Zur Historie von Experimental- / Amateurfunk in Wismar und der Ingenieur-Akademie

Die Experimentalfunk-/Amateurfunkstation der Ingenieuer-Akademie ab 1924

Das Stationsrufzeichen von 1928 - EK4ABK. Eine Empfangsanlage gab es bereits seit 1922.

Die Abteilung Elektrotechnik der Ingenieur-Akademie Wismar

Zum Foto rechts: Links neben dem Stationstisch ein mehrstufiger Röhrenempfänger mit Trichterlautsprecher und auf dem Tisch rechts die Sender-Baugruppen mit Antennenschalter an der Wand.

Stationsraum ca. 1928
ET-Labor/ Eröffnung 1910

Ein Druckfehler von 1925(!) verhinderte bislangdie Erkenntnis und den Beweis zu schon sehr frühen Sendeversuchen der Wismarer Versuchsfunkstation.

In einer Notiz im "Funkbastler" von 1925 (dem Fachblatt des Deutschen Funktechnischen Verbands e.V./ DFTV) kündigte Heinrich unter der Rubrik "Neue deutsche Kurzwellensendeversuche" an. Leider ließ ein Druckfehler aus Wismar plötzlich Weimar werden. Die Folge: der digitalisierte Artikel fand im DokuFunk-Archiv in Wien eine falsche Ablage! Nach meinem Hinweis erhielt der Original-Beitrag mit dem Druckfehler zumindest einen entsprechenden Vermerk im Dateinamen. (Quelle: DokuFunk-Archiv Wien)

Korrekt hätte damals Heinrichs Ankündigung also so ausgesehen:    

Heinrich kündigte hierin für Mitte 1925 KW-Versuche von 50 bis 100 m (= ca. 6-3 MHz) an. (Quelle: via DokuFunk-Archiv Wien/ im Original: "Funkbastler", 1925, Heft 36, S. 444)

HINWEIS: Wer oder was ist der "Funkbastler" - ab Oktober 1926 neu!

Wismars frühe Funkgenehmigungen und Rufzeichen

1924 gehörte die Ingenieur-Akademie Wismar (als Polytechnikum Wismar) zu den allerersten Versuchsfunk-Genehmigungsinhabern Deutschlands. Erstrufzeichen Q1. Es folgen KQ1, K4ABK, EK4ABK, D4ABK, D2DT.

Die älteste Wismarer QSL EK4ABK - ein weltweites Unikat - stammt aus dem Jahre 1928! 2018 der Anlass für eine Funksonderaktivität unter DM90AIW, eine Erinnerung nach 90 Jahren!

MEHR dazu...

Ein Anbau für die Kurzwellenstation im Laboratorium

1924 ließ Dr. Heinrich das Elektrotechnische Labor des Laboratoriums um einen  Anbau  für die Funkstation erweitern.

Collage zum Laboratorium Baumweg am Ende der zwanziger Jahre
Kurzwellensender um 1928

Zur historisch-technischen Einordnung der Wismarer Versuche...

! erste transatlantische Amateurfunkverbindung 1923 !

Die Kommerziellen arbeiteten bislang mit viel technischem Aufwand und Leistung meist nur bis 1,5 MHz. Doch im November 1923 gelang auf etwa 2,7 MHz (110 Meter) die erste zweiseitige Funkverbindung auf kurzen  Wellen ...

Mehr…

… zwischen einer amerikanischen und einer französischen Amateurfunkstation, betrieben von Léon Deloy (8AB) und Fred H. Schnell (1MO) … mit einfachen Mitteln. Diese Telegrafie-Verbindung währte etwa 2(!) Stunden.

Weniger…

Beschreibung frühen Funkbetriebs

Zur Technik - die Senderöhren

Die "Funkstation" ist zumindest 1928 eher ein Experimental-Laboraufbau. Vermutlich, weil die Komponenten parallel im studentischen Laborbetrieb eingesetzt wurden. Die Senderöhren der auf der QSL-Karte von 1928 abgebildeten Station zu identifizieren, kann man sich auf Grund Heinrichs Bindung zu Telefunken auf deren Produktionspalette beschränken.

Die Gestalt und Größe der Glaskolben deuten auf die RS 19 oder RS 31 hin. Unter Auswertung der QSL-Angaben zur Technik dürfte es eine RS19 sein.

Die RS 19 ist eine luftgekühlte Senderöhre für 175 Watt in den Abmaßen 60 x 300 mm aus „Thüringer Glas“ und zwischen 1917 und 1921 entwickelt. (Heizung 14V bei 4,8A).  https://www.radiomuseum.org/tubes/tube_rs19-vii.html

Zum Vergleich:

Das Technisch-Physikalische Institut“ am Helmholzweg 6 in Jena (eK4AAL) verwendete im September 1927 die 6cm kleinere RS 17; diese dafür 2mal. Der Leiter hier in Jena war der Prof. Dr. phil. nat. Abraham Robert Esau (mehr unter Forschung und Lehre ). 1925 als außerordentlicher Professor für "Technische Physik" an die Universität Jena berufen und Leiter des Technisch-Physikalischen Instituts. Ab 1928 ordentlicher Professor.

Der Einsatz von „richtigen“ Senderöhren (die RS-Serie) war Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre, sicher aus Kosten- und/oder Zugriffsgründen, nur in „größeren“ Einrichtungen vorzufinden. Bei Privatpersonen und reinen (Amateur-)Funkvereinen kam lediglich die RE-Serie (eigentlich als Empfängerröhren entwickelt) zum Einsatz.

In eigener Auswertung dutzender historischer deutscher QSL-Karten aus dieser Zeit, waren aus dieser Serie häufiger vertreten die RE 97, RE 134, RE 209 und relativ oft auch die RE 504. Damit war quasi „nur“ QRP-Betrieb möglich; mit einer einzelnen Röhre lag man generell bei < 10 Watt. In einigen wenigen QSL wurden Endstufen mit 2 x RE 504 ausgewiesen und so 15… 20 Watt beschrieben.

Im Vergleich dazu präsentierte die Wismarer Versuchsstation zur gleichen Zeit bereits lt. der historischen QSL von eK4ABK eine moderate Sendeleistung von 100 Watt (Input), die dann spätestens 1933 als D4ABK verdreifacht angeboten werden konnte.

Auch eine Telefunken-Senderöhre RS 207 für luftgekühlte 1500 Watt(!) hatte Heinrich 1930 ergattert. (mehr)

Funkamateure ermöglichen weltweiten KW-Reichweitentest

In der Woche vom 11. - 19. Juni 1927 erfolgte ein weltweiter Kurzwellen-Ausbreitungstest auf 5m /ca. 60 MHz (!), realisiert durch das bereits vorhandene weltweite Netz von Funkamateuren! Die "Kommerziellen" konnten diese Dichte von Funkstationen nicht ansatzweise abdecken. 

Der Deutsche Funktechnische Verband DFTV

Dr.-Ing. Heinrich nutzt seine Treffen im Deutschen Funktechnischen Verband in Berlin, um bei den anwesenden Industrievertretern für die Wismarer Ingenieur-Akademie zu werben.

   

Heinrich engagierte sich im Bereich der Verbreitung und Entwicklung des deutschen Funk- und Radiowesens, um die durch Staat und Reichspost stark reglementierte private Nutzung von Empfangsanlagen und das lange Verbot privater Sendegenehmigungen zu durchbrechen. Unter Heinrichs Vorsitz gründete sich Ende 1923 in Wismar der Funkverein Wismar e.V. Wie der Wismarer Verein zählten aus dem Bereich MV drei weitere Radio- bzw. Funkvereine (Rostock, Schwerin und Neustrelitz) am 24. Januar 1924 zu den Gründungsvereinen des durch die Deutsche Reichspost gebilligten Deutschen Funkkartells.

Unmittelbar danach lud Staatssekretär Dr. Bredow zur "Erste(n) deutsche(n) Radiokonferenz im Reichspostministerium in Berlin". (DokuFunk, RAFA 1924/1. Jg./S. 44-46)

Mit Auflösung des Kartells Ende Juli 1925 formierte sich in Berlin daraus der DFTV, der Deutsche Funktechnische Verband DFTV, wo Heinrich sich auch als Akademievertreter einbrachte.

(HINWEIS zum DFTV: Ein Jahr DFTV - eine Einschätzung von 1926 vom Oberingenieur Hans Bluhm, geschäftsführender Vorsitzender des DFTV)

Der DFTV war die Vorgängerorganisation des heutigen DARC (Deutscher Amateur Radio Club). (mehr zum weiten Weg des Amateurfunk(s) in Deutschland von Steffen Hamperl, DM6WAN)

Der DFTV ruft 1927 zu einem speziellen Reichweitentest/-wettbewerb auf.
1926/ Telephonie zwischenzeitlich untersagt! Zunächst nur noch Telegraphie für λ< 100m.
 

Akademie strebt Mitgliedschaft im DASD an

(DASD / auch D.A.S.D. = Deutscher Amateur-Sende und Empfangsdienst)

Zum Anliegen des DASD:

 

 (Vorwort im Buch: DASD-Kurzwellentechnik 1931)  //  1936 klingt das "Zum Geleit" so...

Entgegen der internationalen Entwicklung hatte das Deutsche Reichspostministerium (bis 1919 Reichspostamt) lange Zeit erfolgreich auf ihre Monopolstellung in der Nachrichtenbeförderung beharrt und sogar Empfangsgenehmigungen verhindert. Nur zögerlich wurden 1924 erste Experimentier-Sendelizenzen für Institutionen erteilt, so auch an die Wismarer Akademie. Rein hobbymäßige Genehmigungen (Amateurfunk) ließen noch viele Jahre in Deutschland auf sich warten.

Doch viele dieser institutionellen Erstlizenzler (die "wissenschaftlichen Lizenzen" im Sprachgebrauch des D.S.A.D.) beteiligten sich häufig auch auch am internationalen Amateurfunk. Formal illegal, aber viele Jahre geduldet. Das abrupte Ende dieser Duldung kam mit der Eingabe des D.A.S.D. beim Reichspostministerium am 7. Dezember 1933, die sich über die "... sogenannten wissenschaftlichen Lizenzen, Fabriken und Hochschulen, ..." beschwerten.  (mehr dazu)

Technische Aufnahmebedingungen (fast) erfüllt

Im Herbst 1933 sind in Wismar fast alle technischen Voraussetzungen (KW-Empfänger und zur Eichung einen Wellenmesser

zur Aufnahme in den DASD erfüllt. In einer Korrespondenz vom Dipl.-Ing. Stein vom 17. September 1933 aus Stuttgart werden dazu die letzten Absprachen in Richtung Akademie getroffen.

Nun doch keine Mitgliedschaft im DASD

Der Reichspostminister beauftragte am 13. Januar 1934 alle Oberpostdirektionen (OPD), die Genehmigungsinhaber von Versuchsanlagen über diese Unzulässigkeit zu informieren.

Dieses „Anschwärzen“ der wissenschaftlichen Lizenzträger durch den DASD dürfte im oben dargestellten und wohl auch vermehrten „Missbrauch“ begründet sein. Zumal man davon auszugehen kann, dass die Genehmigungsbeantragung bzw. Voraussetzung zur Erlangung einer Lizenz/Genehmigung beider Lager recht unterschiedlich gewesen sein dürfte und dieses für den DASD nun anscheinend nicht mehr hinnehmbar war. Zur Konfliktlösung sollen diese Stationen auf die Möglichkeit des Erwerbs „...eine(r) zweite(n) Lizenz beim DASD“ hingewiesen werden. (mehr dazu/ auf Seite 3)

Hierfür scheint sich in der ET der Akademie 1934 kein Kader mehr gefunden zu haben oder es war nicht erwünscht.

Ab 1935 neue Funkgenehmigung D2DT

1935 werden die Funkgenehmigungen neu sortiert. Die Wismarer Ingenieur-Akademie erscheint nun wieder in einer Rufzeichenliste mit einer D2-Genehmigungen für „...genehmigte private Versuchsfunkanlagen mit Fernstrahlung“ (einschl. der Versuchsanlagen der Deutschen Reichspost/ DRP) - also wieder in der Gruppierung der „Institutionellen“; ausgegeben vom Reichspostzentralamt mit Datum vom 1. Mai 1935.

D2DT - neue Genehmigung
Amtsblatt 1935 zu Versuchsfunksender

 

Mehr zu D2DT hier .