1924 gründeten damalige Funk- und Radiovereine als gemeinsames Sprachrohr das Deutsche Funk-Kartell. Es wurde durch die Deutsche Reichspost DRP mit der Ausbildung und Prüfung (Audion-Versuchserlaubnis) von potenziellen Radio-Hörern beauftragt und wirkte 18 Monate bis 1925 letztlich in 10 regionalen Verbänden und ca. 15.000 Mitgliedern. - Und Wismar war dabei. Mit dem Funkverein Wismar e.V. ...
Ab 1923 Gründung von Funk- und Radiovereinen in Deutschland.
In diesem Jahr vor nun 99 Jahren, am 29. Oktober 1923, hieß es "Achtung, Achtung, hier ist Berlin…“. So begann die erste Sendung eines nun regelmäßigen Unterhaltungs-Rundfunkdienstes in Deutschland. Einen Funkdienst, dessen Benutzung genehmigungspflichtig war und „…dessen Aufgabe es ist, Vorträge künstlerischen und unterhaltenden Inhalts, Musikvorführungen und dgl. auf drahtlos telephonischem Wege zu verbreiten.“
Oft wird nur dieser erste Punkt propagiert, aber es folgen zwei weitere. Offiziell hieß es dazu in einer Verlautbarung: "Nunmehr ist der Unterhaltungs-Rundfunk ins Leben getreten, dessen Hauptaufgabe folgende sind:
Quelle: http://www.klaumikli.de/Radio/Historisches/ArbRadioBew/node7.html
Der als Vater des deutschen Rundfunks geltende Staatssekretär Dr. Hans Bredow wirkte viele Jahre (seit 1919) für den Aufbau eines Unterhaltungs-Rundfunks unter strikter Beibehaltung der Monopolstellung des Reichspostministeriums (RPM). Ende 1923 hatte Bredow nun fast alle seine Visionen durchsetzen können. Doch eben nur fast. Denn das Monopol beim Unterhaltungs-Rundfunkdienst auch auf der Empfängerseite durchzusetzen, war nämlich ein Problem. Man befand sich im freien Raum mit der drahtlosen Technologie, die mittlerweile auch Bastler beherrschten. Eine große Zahl von Schwarzhörern war zu befürchten. (per 1. Januar 1924 wird von lediglich 1.500 legalen Zuhörern ausgegangen)
Bredow vereinnahmte nun seine bisherigen Widersacher. Zum 24. Januar 1924 lud er die Vertreter von Verbänden dieser bürgerlich geprägten Radio- und Funkvereine (im Gegensatz zu den sich gerade gründenden Arbeiter-Radio-Klubs) ein, um „… gemeinschaftlich den Versuch zu machen, der bisher ungesetzlichen Betätigung der nichtgenehmigten Empfangsanlagen entgegenzuwirken.“ Nach seinen Vorstellungen sollten nur die anerkannten Funkvereine an ihre Mitglieder „Versuchserlaubnisse vermitteln“ dürfen. Diese vielen einzelnen Vereine hatten sich unmittelbar im Vorfeld dieses Treffens in ein sogenanntes Deutsches Funk-Kartell zusammen gefunden. Die Deutsche Reichs-Post autorisierte die von ihnen anerkannten, unmittelbaren Funk- und Radioverbände (letztlich 10 Verbände mit ca. 320 Vereinen) zur qualifizierten Ausbildung und zur Prüfungsabnahme einer sogenannten Audion-Versuchserlaubnis. Die Vereinsmitglieder waren bislang meist Fachleute und/oder am Amateurfunk interessierte, die sich vor allem den Zugang zu den noch verwehrten privaten Funk-Sendelizenzen erhofften. Durch ihr nun eingefordertes Engagement bei zu erwartend rasant steigenden Mitgliederzahlen erhoffte man sich diesbezüglich ein Entgegenkommen.
Was für eine gewaltige Aufgabe! Plötzlich hatten alle Bürger in Deutschland, die Nutznießer dieses neuen Unterhaltungs-Rundfunks werden wollten (Detektor-Hörer im Nahfeld ausgenommen), per Verfügung diesen Weg zu beschreiten und mussten zunächst Mitglied in einem ortsansässigen Funk-/Radioverein werden. So auch in Wismar …
Die Ausbildungsinhalte und damit das Niveau der Prüfungsfragen oblag in der Verantwortung der einzelnen Vereine. Diese Unterschiedlichkeit wurde dann auch schon mal offen diskutiert, wie diese Leserzuschrift von 1925 zeigt. Leserzuschrift 1925
Die Geschichte(n), wie Heinrich mit seinem Verein in Wismar und auch die deutschlandweit vielen anderen Funk- und Radiovereine diese Aufgabe meisterten, werden auf der Webseite des bundesweiten Jubiläums-Funk-Event 100FK erzählt.
Im Ergebnis der Recherchen zum Event haben wir vieles zu den ersten Funkvereinen in Deutschland zusammengetragen. Veröffentlicht wurden sie auf der Jubiläumswebseite als sogenannte "Digitalen Nachlässe". Viele der heutigen Ortsverbände des DARC können darin ihre historischen Wurzeln wiederfinden.
Für Wismar sollten (Ende 2022) möglichst noch ein paar Lücken in der Historie geschlossen werden. Deshalb ein Aufruf vom 6. November 2022 im Blitz am Sonntag.
Der erste Radio-Bastler in Wismar stammte aus Sachsen. 1922 bewarb sich der spätere städtische Baurat und Dozent Dr.-Ing. Kurt Heinrich an der hiesigen Ingenieur-Akademie. Er wurde Leiter der Abteilung Elektrotechnik und des Laboratoriums am Klusser Damm, wo Heinrich im ersten An-Institut der Akademie, dem Elektrotechnischen Institut, neben Empfangsapparaturen (1922) ab Mai 1924 auch eine Versuchs-Sendestation (Q1) für Lehre, Forschung und Amateurfunk betrieb. Um Wismarer Bürgern den Zugang zum Unterhaltungs-Rundfunk zu ermöglichen, gründete Heinrich am 10. Juni 1924 den Funkverein Wismar e.V.
Für den Empfang innerhalb der 150km-Radien galten Geradeausempfänger mit wenigen Stufen an einer Hochantenne als ausreichend. Hingegen für den Detektorempfang veranschlagte man etwa in Berlin (Königs Wusterhausen) einen 15km-Radius.
So bedurfte beispielsweise der Normalhörer in Wismar schon eines mehrstufigen Geradeausempfängers an einer guten Hochantenne und war an die Aussendungen von Hamburg, der Norag, gebunden.
Versuche hatten 1926 ergeben, dass zur Gesamtfläche Deutschlands die Detektorbereiche nur etwa 1,37% decken könnten. Jedoch sind Ballungszentren wie Berlin bevorzugt, so dass immerhin etwa 30% der Bevölkerung die theoretische Möglichkeit hatten, den Unterhaltungsrundfunk mit einem einfachen Detektorgerät empfangen zu können.
Am 10. April 1924 wurde in Berlin der Arbeiter-Radio-Klub Deutschland e.V. (A.R.K.) gegründet. In der Zeitschrift "Der neue Rundfunk" Heft 1 vom 4.4.1926 werden diese Art Radioklubs wie folgt eingestuft: „Der ARK ist keineswegs mit irgendwelchen bürgerlichen Amateur – und Bastlervereinen zu vergleichen, er ist vielmehr die Zusammenfassung der deutschen Arbeiterschaft, die den Rundfunk nicht nur als Unterhaltungsmöglichkeit sieht, sondern als ein technisches Hilfsmittel, das geeignet ist, den kulturellen Willen der aufsteigenden Klasse zu manifestieren und durch seine Einrichtungen die Fortschritte menschlichen Geistes ihren Klassenangehörigen zu vermitteln...“ Für die ARK galt es, das "...Monopol der Bourgeoisie" zu durchbrechen.
Die Arbeiterradio-Bewegung gehört dem Funkkartell nicht an. Für sie sind dessen Radiovereine bloß Kernzellen der Reaktion. Die Funkvereine wiederum lehnen die politisch-radikale Einstellung der Arbeiterradio-Bewegung ab. Quelle. DokuFunk, Wien https://www.dokufunk.org/amateur_radio/history_dl_1/index.php?CID=26266&ID=26473#A26473
ABER... es liegen Erkenntnisse vor, dass es trotzdem zu einer Zusammenarbeit einzelner ARK mit Vereinen des Funk-Kartells gekommen ist. Sie war sicher auch einfach (nur) notwendig, um die Audionversuchserlaubnisse vermitteln zu können, deren Prüfungsabnahme nur Vereinen im Kartell vorbehalten war. (Quelle: Einschätzung mehrerer zur Thematik Recherchierender wie Steffen DM6WAN und Klaus-Michael Klingsporn)
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten viele ehemalige Funker aus dem I. WK, Sozialisten, insbesondere Gewerkschafter wie auch KPD-Mitglieder. (aus "Vom Bastelklub zur Kulturorganisation: Gründung und Aufbau des "Arbeiter-Radio-Klub Deutschland e.V." von Klaus-Michael Klingsporn, März 1988)
Zur Satzung:
Die Magisterarbeit von Klaus-Michael Klingsporn hat sich umfassend mit dieser Thematik beschäftigt. Diese sehr empfehlenswerte, gesamte Arbeit ist online nachlesbar.
Direkt zum Kapitel "...Arbeiter-Radio-Bewegung (1924-1929)"
zu Originalunterlagen dieser Recherchen und weiteren Chroniken
Ort | Vereinsname | Gründungsdatum |
Greifswald | 2. September 1924 | |
Neustrelitz | 1924/1925 | |
Rostock | < 26. März 1924 | |
Schwerin | ||
Strelitz (Technikum) | September 1925 | |
Wismar | 10. Juni 1924 |
Alle Vereine waren dem Niederdeutschen Funkverband in Hamburg angeschlossen, der zu den 10 von der Deutschen Reichspost anerkannten Gründungsverbänden des Funk-Kartells gehörte.
Versuche zur Abkehr der "Luftantenne" zur "Erdantenne"...
Überblick und Rufzeichen der wenigen Vereins-Sender der frühen Funkvereine im Bereich des heutigen MV's
Am 2. September 1924 hat sich der Verein der Funkfreunde zu Greifswald gegründet. Bereits 44 Mitglieder zählte der Verein am Gründungstag. (zur Originalinfo)
Der Vereinsvorsitzende war der Privat-Dozent Dr. E. Mauz aus dem Physikalischen Institut. Schriftführer der Kaufmann Karl Räth und Kassierer der Oberpostsekretär Fritz Rademacher.
Dr. Mauz war (wie Dr.-Ing. Kurt Heinrich in Wismar) Genehmigungsinhaber einer der ersten Versuchsfunk(sende)stationen in Deutschland am Physikalischen Institut Greifswald.
In der Liste des Deutschen Funk-Kartells von 1925 findet sich ein Mecklenburg-Strelitzer Radio-Klub e.V. Geleitet durch den Studienrat Dr. Michaelis und einem Steuerassistenten Bossow als Stellvertreter. Als Geschäftsstelle wird der Sandberg 1 in Neustrelitz benannt.
Im September 1925 gründete sich am Technikum Strelitz (Strelitz ab 1931 Stadtteil von Neustrelitz) ein Funkverein Strelitz als Ortsgruppe des Funkvereins Niederdeutschland. Der 1. Vorsitzende war Dipl.-Ing. Wilhelm Hornbostel, dem 2. Vorsitzenden Studenten (stud. ing.) Lissauer und mit dem Schriftführer und Kassenwart Kaatz.
Das ist etwas kurios, da 12 Jahre später (1937) Hornbostel (wie auch die ganze Strelitzer Fachrichtung Elektrotechnik) zur Akademie Wismar zu wechseln hatte... Wilhelm Hornbostel wird sich in Wismar dann zwar nicht mehr dem Amateurfunk widmen, aber nach Ende des II. WK beim Neuanfang einer nun staatlichen Bau- und Ingenieurschule Wismar tauchten aus dem alten Kaderbestand nur zwei Namen auf – Anton Willert und eben Wilhelm Hornbostel.
Unter Hornbostel wird noch 1925 der Vereins-Sender KP1 in Betrieb gehen. Für die Folgejahre sind noch zwei nachfolgende Rufzeichen bekannt: K4ABJ bzw. EK4ABJ
Hier noch ergänzend die QSL vom Sender D4AFJ der Höheren Maschinenbauschule von Neustadt-Glewe
EK4AFJ wie auch D4AFJ, Höhere Maschinenbauschule Neustadt-Glewe Op: Karl Kleefeld / EK4TD, CQ-MB 3/31
Der vermutlich älteste Funkverein im Bereich vom heutigen Mecklenburg/Vorpommern!
Es finden sich unterschiedliche Bezeichnungen: Rostocker Radio-/ Funkverein bzw. Mecklenburger Radio-Verein e.V. Er gehörte zum Oberpost-Direktionsbereich (OPD) Schwerin.
Gemäß Hinweis auf Vereins-Registereintrag wird die Archivalie unter Mecklenburger Radio-Verein von 1924 bis 1950 (!) geführt. Eine Recherche im Vereinsregister würde sicher Klarheit bringen. Na, liebe Rostocker...!?
In der Vereinsaufstellung zum Deutschen Funk-Kartell wurde der Name als Mecklenburgischer Radio-Verein e.V. in Rostock in Mecklenburg manifestiert.
Vorsitzender: Prof. Dr. H. Felke (umfassend mehr)
Schriftführer: Telegrafeninspektor Schröder
Der Rostocker Telegrafeninspektor und Schriftführer des Vereins Schröder (der auch den Artikel zu den Straßenbahnbügeln schrieb) war im Gremium des Funk-Kartells Mitglied des Unterrichts- und Prüfungsausschusses.
NEU!!! Zu einer Artikelserie zum Verein der Funkfreunde aus der Mecklenburger Zeitung NEU!!!
Die Infos daraus sind nachfolgend noch nicht eingearbeitet! Die Überarbeitung erfolgt erst noch.
Zu Gründungszeiten war der Vereinsvorsitzende ein Regierungsbaurat Lindner. Die Beethovenstr. 5 ist für die Geschäftsstelle in Schwerin benannt.
Schwerin gehörte zu den frühen Radio- und Funkvereinen aus dem Oberpost-Direktionsbereich (OPD) Schwerin, die sich zum 24. Januar 1924 im Deutschen Funk-Kartell zusammenschlossen.
Mit der angekündigten Abschaffung der Audion-Versuchserlaubnis zum 1. September 1925 löste sich am 28. Juli 1925 das Deutsche Funk-Kartell auf, indem die Kartellvereine gemeinsam mit dem Berliner Funktechnischen Verein (FTV) einen neuen Dachverband gründeten - den Deutschen Funktechnischen Verband (DFTV).
Im DFTV gehörte Schwerin dann zu einer Landesgruppe Mecklenburg-Schwerin. Die Landesgruppen-Leitung hatte der Dozent Dr.-Ing. Kurt Heinrich vom Funkverein Wismar e.V. inne.
neuer Link zur "Funk" / "Funkbastler"
Warum "301"?
"301" steht für das Datum der Machtergreifung der Nazis 30.1.1933